Halbzeit im NFP 72

Das Nationale Forschungsprogramm "Antimikrobielle Resistenz" (NFP 72) hat 2019 seine Halbzeit erreicht: Es zeitigt erste Forschungsresultate, die Programmsynthese wurde in Gang gesetzt.

Alle 45 Projekte des NFP 72 laufen auf Hochtouren: Ärztinnen, Veterinäre, Biologinnen und Umweltforschende suchen in ihnen neue Lösungsansätze, um die Ausbreitung von Antibiotikaresistenzen zu bremsen und die Behandlungsmöglichkeiten zu verbessern. Gestartet sind die einzelnen Projekte jedoch gestaffelt, und sie sind auf unterschiedliche Laufzeiten angelegt. Deshalb stehen einige Forschungsarbeiten bereits kurz vor dem Abschluss (ab Januar 2020), während andere bis Ende 2021 dauern werden.

Beachtung auch ausserhalb der Wissenschaft

Im Verlauf dieses Jahres konnten viele Projekte erste Resultate präsentieren. Einige davon erhielten über die Fachwelt hinaus grosse Aufmerksamkeit. So etwa die Entdeckung einer neuen Klasse von Antibiotika, die besonders gegen die derzeit gefährlichsten antibiotikaresistenten Erreger grosse Effektivität zeigt. Ein am Biozentrum der Universität Basel angesiedeltes NFP 72-Projekt trug massgeblich zu diesem Durchbruch bei. Aufhorchen liess auch die sogenannte "Freiluftkalb"-Studie, in der Veterinäre der Universität Bern zeigen konnten, dass sich der Verbrauch von Antibiotika in der Kälbermast durch relativ einfache Massnahmen auf einen Fünftel des üblichen Volumens senken lässt.

Empfehlungen ableiten

Solche Erfolge sind nicht nur aus wissenschaftlicher Sicht vielversprechend, sie ziehen auch Fragen nach der Umsetzung in die Praxis nach sich. Auf diese richtet sich der Fokus des NFP 72 mit dem Voranschreiten des Programms denn auch zunehmend. Dabei verfolgt das Programm zwei Linien: Einerseits werden einzelne Projekte beim Praxistransfer nach individuellem Bedarf unterstützt, andrerseits entwickelt das NFP 72 Empfehlungen für Politik und Fachleute, die auf der Gesamtschau seiner Projekte sowie dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand auch ausserhalb des NFP 72 basieren.

Hierzu haben Leitungsgruppe und Forschende des NFP 72 im Verlauf des Jahres die Programmsynthese angestossen: An der Programmtagung diskutierten sie die inhaltlichen Schwerpunkte, im Anschluss bildeten sich drei – weitgehend den thematischen Modulen des NFP entsprechende – Arbeitsgruppen, die den genauen Syntheseprozess für einzelne Themen definieren und vorantreiben.

Fokus auf Umsetzung unter Einbezug von Ansprechgruppen

Zu zwei dieser Schwerpunkte fanden im Lauf des Jahres bereits vertiefende Veranstaltungen statt, unter Einbezug von Anspruchsgruppen aus Politik und Praxis: Der Workshop "Diagnostics in Antimicrobial Resistance: Pathways from Basic Science to Diagnostic Laboratories" (im Rahmen der NFP-Programmtagung) zeigte auf, wie in der Forschung entwickelte neue Testverfahren erfolgreich in die Routinediagnostik gebracht werden können. Das Symposium "One Health meets Sequencing" vereinigte Wissenschaftlerinnen und Praktiker aus der ganzen Schweiz, um die Anwendung der neuen Methoden der Genanalyse (Whole Genome Sequencing/WGS) für die öffentliche Gesundheit zu erörtern.

Den eingeschlagenen Weg bestätigt

Das NFP 72 ist stark interdisziplinär aufgestellt und legt grossen Wert auf den One Health-Ansatz, also die Berücksichtigung sowohl der Humanmedizin, der Tiermedizin wie der Umwelt in Hinblick auf die Problematik antimikrobieller Resistenz. Dies setzt hohe Ansprüche an die Konzeption von Forschungsvorhaben ebenso wie an ihre Umsetzung. Umso erfreulicher ist das Fazit einer anfangs 2019 abgeschlossenen Begleitstudie der Universtiät Bern. Sie zeigt, dass die Forschenden des NFP die interdisziplinäre Arbeit als durchwegs positiv beurteilen, auch wenn sie nicht immer einfach sei, und bestätigt somit den eingeschlagenen Weg.

  • Bericht Programmtagung 2019 NFP 72
  • Interview Workshop "Diagnostics in Antimicrobial Resistance: Pathways from Basic Science to Diagnostic Laboratories"
  • Bericht Symposium "One Health meets Sequencing"
  • Bericht Begleitstudie NFP 72
  • Bericht Projekt "Freiluftkalb"
  • News und Interview zu neuer Antibiotikaklasse