Abgeschlossenes Projekt: AntibioticScout.ch optimiert Antibiotikaeinsatz bei Tieren

Auch Katzen sollten Antibiotika nur dann erhalten, wenn es wirklich nötig ist. Bild: Vetsuisse-Fakultät, UZH

Dank AntibioticScout.ch konnten Tierärztinnen und Tierärzte ihren Antibiotikaeinsatz optimieren. Das Online-Tool wird weitergeführt und ausgebaut.

Auch Katzen sollten Antibiotika nur dann erhalten, wenn es wirklich nötig ist. Bild: Vetsuisse-Fakultät, UZH, Michelle Aimée Fesch

​​​​​​​​​Bedarf nach Antibiotic Stewardship in der Tiermedizin

Auch Haus- und Nutztiere erhalten Antibiotika, wenn sie erkranken. Doch oft werden diese Medikamente bei Tieren eingesetzt, obwohl es medizinisch nicht sinnvoll ist oder obwohl es Alternativen gäbe. Das begünstigt unnötigerweise die Entstehung von Antibiotikaresistenzen, die auch für Menschen problematisch werden. Eine optimierte Verschreibungspraxis in der Veterinärmedizin könnte dem entgegenwirken, ohne dass deswegen Tiere weniger gut versorgt werden.

Wie in der Humanmedizin kan​n "Antibiotic Stewardship"​ hierbei eine wichtige Rolle spielen: Breit angelegte Programme, die Ärztinnen und Ärzte darin unterstützen, Antibiotika rational und zielgerichtet gemäss bewährten Leitlinien zu verwenden. Als besonders effektiv haben sich in anderen Bereichen der Tiermedizin internetbasierte Instrumente erwiesen. Diese ermöglichen es, Nutzer auf einfache Weise durch komplexe Entscheidungswege zu führen. Zudem lassen sie sich mit relativ geringem Aufwand stets auf dem aktuellen Erkenntnisstand halten.

Wirkung des neuen Onlinetools beobachtet

Vor diesem Hintergrund haben Hanspeter Nägeli und sein Team das Online-Tool AntibioticScout.ch entwickelt. Die darin enthaltenen Empfehlungen zu Auswahl, Dosierung, Applikation und Anwendungsdauer von Antibiotika wurden unter dem Patronat des Bundesamtes für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen von Expertengremien erstellt, gestützt auf bestehende Empfehlungen nationaler und internationaler Fachorganisationen. Seit 2016 ist AntbioticScout.ch allen Tierärztinnen und Tierärzten zugänglich, innerhalb des bei Praktikern bereits bestens etablierten pharmakologischen und toxikologischen Informationssystems der Vetsuisse-Fakultät. Zunächst beschränkt auf die Therapie von Nutztieren, erweiterten die Forschenden das Anwendungsgebiet später auf Haustiere, Exoten und Pferde.

​Hauptziel der Studie war festzustellen, ob AntibioticScout.ch tatsächlich zu einem rationaleren Antibiotikaeinsatz führt. Dazu haben sich die Forschenden bei Kälbern, Katzen und Hunden je auf einige Krankheitsbilder konzentriert, bei denen kritische Antibiotika besonders häufig – und oftmals unnötigerweise – gegeben werden. Während zweier Jahre erhoben und analysierten sie systematisch Daten von mehreren privaten Praxen sowie von den zwei universitären Tierspitälern Zürich und Bern.

Trotz Skepsis: Der Effekt spricht für sich

Die Daten belegen, dass der Einsatz von Antibiotika während des zweijährigen Beobachtungszeitraums nach Einführung von AntibioticScout.ch für alle Tierarten zurückging und dass diese Medikamente verantwortungsvoller eingesetzt werden. Zudem griffen Tierärztinnen und Tierärzte vor allem bei der Behandlung von Katzen und Kälbern weniger häufig zu kritischen Antibiotika, die möglichst für den Einsatz beim Menschen reserviert bleiben sollten.​​

Allerdings liesse sich der Einsatz von Antibiotika noch weiter optimieren. Zudem zeigt sich, dass der Spielraum für eine Reduktion des Antibiotikaeinsatzes bei Kälbern derzeit begrenzt ist. Die geläufigsten Mastsysteme in der Schweiz nehmen Erkrankungen in Kauf, die eine Behandlung zwingend erfordern. Und eine im Rahmen des Projekts durchgeführte Umfrage unter der Tierärzteschaft zeigt, dass Unterstützungsangebote wie AntibioticScout.ch teilweise kritisch betrachtet und noch nicht im vollen Umfang genutzt werden.

Dennoch hat AntibioticScout.ch bereits in kurzer Zeit einen deutlichen Effekt erzielt. Mittelfristig dürfte das Instrument somit noch grössere Auswirkungen haben. Es wird, unterstützt vom Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen, weitergeführt und ausgebaut. So eröffnet etwa die darin enthaltene Möglichkeit, auch Rückmeldungen zu geben, wenn eine Therapie nicht anschlägt, neue Wege, um frisch auftretende Antibiotikaresistenzen schnell zu entdecken. Überdies findet AntibioticScout.ch mittlerweile Anwendung in der tierärztlichen Aus- und Weiterbildung.