Abgeschlossenes Projekt: Nachweis von Erregern durch kleine Antikörper

Nanobodies sind kleine Antikörperfragmente, die spezifisch an der Oberfläche von Bakterien binden, hier an OMP (Outer Membrane Proteins).

Nanobodies sind kleine Antikörperfragmente, welche gezielt an bestimmte bakterielle Erreger binden. Damit lassen sich diese sehr viel schneller als bisher direkt in Blutproben nachweisen.

Legende: Nanobodies sind kleine Antikörperfragmente, die spezifisch an der Oberfläche von Bakterien binden, hier an OMP (Outer Membrane Proteins).

Es kann mehrere Tage in Anspruch nehmen, den bakteriellen Erreger einer Blutvergiftung (Sepsis) nachzuweisen. Zeitraubend ist bei gängigen Tests vor allem, dass die aus einer Probe gewonnen Bakterien zuerst vermehrt werden müssen, um ein Resultat zu erhalten. Das erschwert die rechtzeitige und gezielte Behandlung mit einem geeigneten Antibiotikum. Da immer mehr Erreger gegen Antibiotika resistent sind, wird es zunehmend schwierig, ohne genauen Test die richtige Behandlung zu wählen. Schnellere Diagnostikmethoden können entscheidend dazu beitragen, die hohe Sterberate bei Blutvergiftungen zu senken.

Bessere Bindestellen als klassische Antikörper

Ein Ansatz für beschleunigte Verfahren ist die Verwendung von Antikörpern, um bestimmte bakterielle Erreger direkt in einer Blutprobe anzuzeigen, respektive aus einer Blutprobe einzufangen. Klassische Antikörper sind dazu aber nicht geeignet, da diese in der Regel hochvariable Zuckerstrukturen an der Bakterienoberfläche erkennen, welche sich zwischen verschiedenen Stämmen der gleichen Bakterienspezies unterscheiden. Ein Team um Markus Seeger hat nun einen neuen Ansatz verfolgt. Anstelle von variablen Zuckerstrukturen haben die Forschenden konservierte Proteinstrukturen anvisiert, welche sich innerhalb der gleichen Baketerienspezies kaum unterscheiden. Die Bindungsstellen dieser Proteinstrukturen sind für ganze Antikörper kaum zugänglich, können aber mit viel kleineren Antikörperfragmenten, sogenannten Nanobodies, gut angepeilt werden. Deshalb entwickelten Seeger und sein Team verschiedene Nanobodies, um den medizinisch bedeutenden bakteriellen Erreger Escherichia coli, einen der häufigsten Auslöser einer Sepsis, zu detektieren und einzufangen. Die Nanobodies gewinnen die Forschenden mit Hilfe von Alpakas: Sie spritzen diesen die Bestandteile bakterieller Erreger, so dass ihr Immunsystem Antikörper bildet. Teile dieser Antikörper werden dann als Nanobodies verwendet.

Geeignet für Diagnostik und Lebensmittelsicherheit

In Laborversuchen konnten klinische E. coli Stämme mittels Nanobodies erfolgreich eingefangen und detektiert werden. In einem nächsten Schritt generieren Seeger und sein Team weitere Nanobodies, um ein breiteres Spektrum an Erregern entdecken zu können. Gleichzeitig arbeiten sie daran, die notwendigen Abläufe und Prozesse zu vereinfachen, damit das Verfahren als Instrument der Routinediagnostik eingesetzt werden könnte. Zudem bieten sich auch Anwendungen ausserhalb der medizinischen Diagnostik an, so etwa in der Überwachung von Nahrungsmitteln oder Trinkwasser. So liesse sich mit der nun entwickelten Methode etwa die kontinuierliche Messung von E. coli-Bakterien im Trinkwasser, wie sie heute in den meisten Industrieländern üblich ist, wesentlich beschleunigen. In Zusammenarbeit mit einer Firma werden die Nanobodies als Reagenzien verwendet, um E. coli schnell und zuverlässig mit einem Messgerät nachzuweisen.

Stand: November 2022